Atlas verwobener Geschichten @BWA Wrocław

Atlas splątanych opowieści / Atlas of Tangled Tales

BWA Gallerie Wrocław, 16.05–29.06.2025

https://bwa.wroc.pl/en/event/atlas-of-tangled-tales/

Die Ausstellung Atlas of Tangled Tales, die im Rahmen des Wrocław Pride Festival 2025 präsentiert wird, führt zeit- und grenzübergreifende Themen der queeren Geschichtsschreibung an einem Ort zusammen. Die Künstlerinnen Irène Mélix und Liliana Zeic beleuchten öffentliche und private Archive und versuchen, marginalisierte Geschichten neu zu erzählen. Sie verweben Erzählungen, die sich auf die gemeinsame Geschichte des polnisch-deutschen Grenzgebiets sowie der Städte Dresden und Wrocław beziehen.

Eine Reise durch die Zeit und zwischen den Städten

Wir schreiben das Jahr 1919. Es ist eine Zeit der sozialen und wirtschaftlichen Krise, der Hyperinflation und des Elends, und gleichzeitig ein goldenes Zeitalter der Befreiungsbewegungen innerhalb der queeren Communities. In Berlin gründet Magnus Hirschfeld das Institut für Sexualwissenschaft, das Beratung zur Empfängnisverhütung, Behandlung von Geschlechtskrankheiten und Unterstützung für homosexuelle und transsexuelle Menschen anbietet. Es entstehen Vereine und Treffpunkte für nicht-heteronormative Menschen.

Zeitsprung ins Jahr 1930 und die Stadt Dresden. Magnus Hirschfeld und Kurt Warnekros führen vier geschlechtsangleichende Operationen durch. Auf dem Operationstisch liegt Lili Elbe, die ihren Namen von der Elbe erhalten haben soll, die von den Fenstern der Klinik aus gesehen durch Dresden fließt. Nach der letzten Operation treten Komplikationen auf, die zum Tod von Lili Elbe führen.

Paula und Helene

Wir befinden uns im deutschen Vorkriegs-Breslau (Wrocław). Genauer gesagt im Institut für Gerichtliche Medizin und Naturwissenschaftliche Kriminalistik (Institut). Unser besonderes Interesse gilt der Schachtel Nr. 11, die Dias enthält, die als Lehrmaterial für die Studenten des Instituts verwendet wurden und angeblich Beispiele für Störungen des Sexualdimorphismus zeigen. (Nach dem Krieg wird sie mit einer Beschreibung in polnischer Sprache versehen: „Frauen und Androgynie“.) Die Karteikarten spiegeln die Vorurteile der damaligen Zeit wider. Wir entdecken Fotos von Paula und Helene, die sowohl bekleidet als auch nackt posieren. Die Beschreibungen sind knapp und prägnant.

Paula trat in die Anstalt ein, weil sie eine Frau sein wollte. Dies ist der Grundriss, mit dem sich die Künstlerin Liliana Zeic fast ein Jahrhundert später an die Arbeit macht.

Gertrud E. H. R.

Im Jahr 1930 war die Weimarer Republik im Niedergang begriffen. Die gesellschaftliche Atmosphäre hatte sich von radikal zu repressiv verschoben. Irène Mélix‘ Installation für die Ausstellung im Studio BWA Wrocław stützt sich auf Akten, die im Dresdner Stadtarchiv gefunden und in das Licht einer neuen Zeit gerückt wurden. Der Fall betrifft eine Gertrud, die sich selbst als lesbisch bezeichnete und ein Massagestudio mit BDSM-Praktiken betrieb. Die Installation umfasst einen visuellen Essay in Form eines Films, der Gertruds Leben vorstellt, sowie ein Porträt der Protagonistin, das von Irène Mélix gemalt wurde und auf Gertruds Fahndungsfoto aus der Zeit ihrer Verhaftung basiert. Die Schatten, die das BDSM-Equipment wirft und die mit der Liste in der Polizeiakte übereinstimmen, werden zu einem Element der Installation.

Atlas of Tangled Tales

Die Ausstellung Atlas of Tangled Tales von Irène Mélix und Liliana Zeic, die im Queer Studio präsentiert wird, umfasst sieben visuelle Arbeiten aus öffentlichen und privaten Archiven. Die Künstlerinnen suchen nach queer-feministischen Geschichten, den Geschichten von lesbischen, nicht-binären und transsexuellen Menschen. Liliana Zeic erforscht die Möglichkeit, die Biografien queerer Menschen neu zu erzählen, die zuvor durch dokumentarisches Material aus den Archiven der Unterdrückung gerahmt wurden. Irène Mélix durchforstet Dresdner Sammlungen und fragt sich nach dem Schicksal derjenigen, die während des zwanzigsten Jahrhunderts die queere Community der Stadt bildeten. Mit dieser gemeinsamen Perspektive untersuchen die Künstlerinnen zeit- und grenzüberschreitende polnisch-deutsche Fäden in der queeren Geschichtsschreibung und stellen neue Verbindungen zwischen Ereignissen, Orten und Zeitpunkten her. Mit Techniken wie Collage, Malerei, Videoessay, Porträt, Intarsie und Audiomaterial entwickeln die Künstlerinnen und Künstler eine außergewöhnliche Konstellation, die die Nachbilder und Schatten des Verschweigens und der Ausgrenzung ebenso umfasst wie die Funken und Sonnenstrahlen, die von Liebesbriefen ausgehen. Die Ausstellung zeigt uns das gesamte Farbspektrum, die Bandbreite der Emotionen und Eindrücke und die Vielfalt des queeren Lebens.

Die Kuratorin der Ausstellung ist Joanna Synowiec. Das Ausstellungsdesign stammt von Iwona Ogrodzka.


Das Queer Studio ist ein Ort, an dem du dich zu Hause fühlen und du selbst sein kannst! Jedes Jahr öffnet das Studio BWA Wrocław in Zusammenarbeit mit Stowarzyszenie Kultura Równości seine Räumlichkeiten für die LGBTQ+ Community. Dies begann mit dem WroPRIDE Wrocław Pride Festival 2023, und wir führen diese Tradition mit Stolz fort.

Künstlerinnen: Irène Mélix, Liliana Zeic
Ausstellungskuratorin: Joanna Synowiec
Galeriekuratorin: Joanna Stembalska
Visuelle Identifikation: Anna Wacławek
Ausstellungsdesign: Iwona Ogrodzka
Produktion: Natalia Budzińska, Monika Muszyńska
Promotion: Żaneta Wańczyk
Zugänglichkeit: Magdalena Weber
Montage: Jakub Jakubowicz, Tomasz Koczoń, Marcin Pecyna
Publikumsbeteiligung: Daria Chraścina
Redaktionelle Betreuung und Übersetzung: Joanna Osiewicz-Lorenzutti und das Team von Seite 895 | Seite 895
BWA Wrocław Programm: Katarzyna Roj
Ausstellungspartnerschaften: Equality Culture Association, Museum für Rechtsmedizin an der Medizinischen Universität Breslau, QueerMuzeum Warschau
Medienmatronage: Replika Magazine